Eines der von der mazedonischen Plattform Meduza (Медуза) angefertigten Videos, die wir im letzten Beitrag erwähnt haben, trägt den Titel „Was tut das (mazedonische) Innenministerium?“ und zwar im Falle genderbasierter Gewalt. 19 Schauspielerinnen lesen die anonymen Antworten, die die Redaktion der Plattform gesammelt hat. Die Übersetzung der Stimmen findet ihr hier:
Als ich den Fall anzeigen wollte, versuchte der Polizeibeamte mich davon überzeugen: „Man kann den Faden nicht in die Nadel stecken, wenn sich die Nadel bewegt.“ Das war an meinem 15. Geburtstag.
„Mädel, du hast da keine direkte Lebensbedrohung. Wir können da nichts tun.“
Sie sagten mir, ich solle den Fall melden, wenn es wieder passiert. Als es wieder passierte, sagten sie, sie könnten nichts tun.
Nachdem ich brutal geschlagen wurde, ging ich den Fall anzeigen. Der Polizeinspektor sagte mir: „Geh nach Hause, die Wohnung gehört sowieso dir. Geh zurück und vereinbart, euch scheiden zu lassen.“
„Wieso hast du ihn geheiratet, wenn er dich schon vor der Ehe geschlagen hat?“
Sie sagten mir, sie hätten den Gewalttäter zum Gespräch eingeladen und dass er ihnen als ein guter Mensch erschien.
Ich wollte einen Vergewaltigungsversuch anzeigen, aber weil er nicht gesagt hat „Jetzt werde ich dich vergewaltigen“, haben sie es nur als Übertretung eingetragen.
Der Polizeibeamte ist ein Bekannter von mir. In unserer Clique fing er an, Fälle aus der Polizeistation zu erzählen. Er erzählte von einer Frau, die vergewaltigt wurde. Sein einziger Kommentar war, wie abscheulich die Frau gewesen war. Er sagte nichts über den Gewalttäter.
Ich und eine Freundin von mir waren bei ihr alleine daheim. Der Typ, der mich belästigte, kam an die Tür. Wir riefen die Polizei an und sie sagten, ich müsse persönlich vorbeikommen, damit sie ein Protokoll in der Polizeistation aufnehmen können. Ich sagte ihnen, dass wir nicht rausgehen können, weil er vor der Tür steht. Sie haben geantwortet, so sei der Ablauf. Ich weiß nicht, wie ich an dem Abend nach Hause gekommen bin.
Ich meldete häusliche Gewalt an, deren ZeugIn ich jahrelang war, weil meine Mutter keinen Mut hatte. Obwohl die Sozial- und Polizeibeamten sprachlos bei den beschriebenen Ereignissen blieben, empfahlen sie, der Ehe noch eine Chance zu geben und dass der Mann, in diesem Fall mein Vater, auf keinen Fall verlieren würde und wir so unsere Existenz in Frage stellen würden.
Ich meldete physische Gewalt und keiner kam.
Beide bekamen wir eine Anzeige für Störung der öffentlichen Ordnung und Ruhe.
„Das hier ist ein Liebesstreit. Wir können uns nicht einmischen, ihr solltet das klären.“
„Und jetzt? Was willst du von uns? Willst du Anzeige erstatten? Es gibt keinerlei Unterstützung. Es ist sinnlos. So oder so bist du alleine.“
„Weißt du wie groß das Prozess ist? Bist du dir sicher, dass du das durchmachen willst?“
Vor zwei Jahren wurde ich von meinem Ex-Mann angegriffen, der betrunken war. Ich war ziemlich ruhig und rief die Polizei an. Glücklicherweise kamen sie sehr schnell, schrieben ein Protokoll für eine Anzeige der Störung der öffentlichen Ordnung und Ruhe. Für die Gewalt sagten sie aber, dass sie dafür nicht zuständig seien. Sie wiesen darauf hin, dass ich mich in einem Krankenhaus untersuchen lassen solle, falls ich ihn für häusliche Gewalt anklagen möchte und gingen fort. Am Morgen habe ich die Wohnung sofort verlassen. Solange sie in der Wohnung waren, haben sie weder Beweise für die Tat aufgenommen, noch Fotos gemacht: gebrochene Türe, Wände und anderes. Ich kam nie wieder zurück und habe außer Fotos keine weiteren materiellen Beweise vom Tatort.
„Wieso hast du denn einen Boxer geheiratet?“
Ich ging ins Wartezimmer der Polizeistation, in dem sechs oder sieben Personen waren. Der Polizist hat mich vor allen gefragt, wieso ich da bin. Ich habe leise gesagt, dass ich einen Angriff von einer unbekannten Person anzeigen wolle. Darauf befragte er mich laut und mit einem frechen Ton. Ich sagte ihm, dass ich meine Privatsphäre brauche. Muss ich denn wirklich vor allen anderen im Wartezimmer darüber sprechen? Darauf kam eine Antwort nach dem Motto: Mädel, erzähl jetzt. Ich hab zu tun. Also erzählte ich vor den Männern im Wartezimmer, wie jemand mich von hinten angegriffen hat, mich am Hintern begrapschte und seine Hand an meine Brust legte. Nachdem alle zu Ende gehört hatten, sagte er: „Und was soll ich jetzt tun?“ Ich sagte, dass ich wisse, der Mann hatte eine Maske und ich ihn nicht identifizieren kann. Ich sage es aber Ihnen, damit sie vielleicht die patrouillerte Kontrolle verstärken. Ich weiß nicht, was ihr machen sollt, ihr seid ja die Polizei. Ich schlug die Tür zu und ging aufgeregt weg.
Sie kamen und ließen mich nicht die Wohnung verlassen, weil es während der Polizeistunde (K.S.: coronabedingte Ausgangssperre) war. Sie sagten, ich würde übertreiben, alle haben Schläge von ihren Eltern bekommen als sie Kinder waren. Wir, die jungen Menschen, würden übertreiben wegen einer Ohrfeige (dabei war es nicht nur eine Ohrfeige) und wir sollen jetzt keine große Sache daraus machen. Schrecklich. Ich würde nie wieder eine Anzeige erstatten. Ich habe kein Vertrauen ins System.